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Weg mit Traditionen in Bergedorf-Süd! Erst die Kneipe „Bei Han“ von 1898 und nun auch noch der Kiosk „Andis Welt“.

 
Hallo liebe Leser,
die Gastronomieszene ist permanent in Bewegung. Auch in unserem Bezirk Bergedorf gibt es viele Neueröffnungen oder Inhaberwechsel in diesem Bereich.

So hipp und kreativ unser Quartier Süd auch ist, gibt es hier zukünftig Änderungen in Sachen Wohnraum, die so manche Tradition einfach mal wegkickt!

Ihr erinnert euch? Die Traditionskneipe „Bei Han“ war für die halbe Nachbarschaft das nächtliche Wohnzimmer und musste nach Jahren schließen. Jetzt steht auch der Traditionskiosk „Andis Welt“ kurz vor dem Aus. Mehr dazu hier …
 

HEIDI VOM LANDE, Blog, Bloggerin, Hamburg


 

Traditionelle Gaststätte in Bergedorf-Süd von 1898.

Durchzechte Nächte, Mondlandung im TV, fröhliche Silvesterfeiern, gemeinsame Gesänge, die Augsburger Puppenkiste, Jimi Hendrix und eine Überdosis Heroin – mit ihren 21 Jahren ist Gundi (Gunda Kopek) in den 60er Jahren Hamburgs jüngste Wirtin mit einer Gaststätten-Konzession. 1968 übernimmt sie mit ihrem damaligen Mann die Kneipe „Zur frischen Quelle“ in Bergedorf-Süd.

Bereits seit 1898 existiert das Haus an der Ecke gegenüber dem Belami und wurde bis 2016 tatsächlich nur als Gastwirtschaft genutzt – sei es z.B. von Alwine Wulff, von Gunda Kopek oder türkischen Gastronomen.

Ab 2000 war die Eckkneipe an der Holtenklinker Straße 30 den Meisten als Nachbarschaftskneipe „Bei Han“ bekannt. Wo sich einst die arbeitende Bevölkerung aus dem gesamten Bergedorf-Süd nach der Arbeit tummelte, um sich die Sorgen und Nöte von der Seele zu quatschen, trafen sich bei Nazo Han in erster Linie Nachbarn und Stammkunden aus Börnsen, um unbeschwert die Alltagssorgen hinter sich zu lassen.

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Fotos: Privat (Gundi)
 

Eckkneipen-Zeitreise in die 1960er.

Trinkgelager bis in die frühen Morgenstunden, Gefühle der ersten großen Liebe, Schmerz, Enttäuschung, aber auch eine wirkliche Unbeschwertheit – daran kann sich Gundi, Wirtin „Zur frischen Quelle“, gut und gerne erinnern. „Ob Lehrer, Polizist, Hafenarbeiter, heranwachsende Jugendliche oder gesamte Fußballmannschaften – sie waren alle bei mir in der Kneipe“, schwelgt sie in Erinnerungen und berichtet von unbeschwerten Zeiten, in der eine Gaststätte noch großen Zulauf hatte und eine Kneipe eben nicht nur eine Kneipe war. Treffpunkte, die nichts Besonderes benötigten, um Gäste anzulocken. Da reichten Bier, Musik und gute Laune, um ins Gespräch zu kommen und so manchen Wochenlohn zu vertrinken.
 
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Foto: Ehemaliger Gastwirt Nazo Han
 

Das Licht ging 2016 „Bei Han“ aus.

Es wurde gefeiert, geflirtet und geschunkelt. Jedes Wochenende ging es „Bei Han“ noch auf einen Absacker. Das war Tradition. Han hatte noch geöffnet, wenn in Bergedorf schon die Bürgersteine hochgeklappt waren. Und da jede Kneipe ihre Spezialität hat, gab es „Bei Han“ auch eine: das legendäre Pizzabrot, für das er seine Exfrau auch morgens um 4.00 Uhr aus dem Bett klingelte.

Rechts der braun getäfelte Tresen, dahinter ein schmaler Gang in die kleine Küche, geradeaus ein weiterer Raum, von der Gaststube aus ins Treppenhaus und von dort hinauf in die Wohnung. An dieser gemischten Nutzung hatte sich in all den Jahren, ob „Zur frischen Quelle“ oder „Bei Han“ nichts verändert.

Doch dann kam die Nachricht mit dem Aus im Sommer 2016. Der damals 50jährige Gastronom musste die ihm über viele Jahre lieb gewonnene Location verlassen. Ein neuer Eigentümer des Gebäudes sorgte für Veränderungen und somit ging das Stück Tradition in Bergedorf-Süd verloren.
 
 
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Foto: Beim Plausch mit Andi am Kiosk
 

Auch der Kiosk „Andis Welt“ ist Brauchtum.

Angrenzend an das alte Haus an der Ecke Am Brink, Holtenklinkerstraße befindet sich seit 1997 „Andis Welt“. Andreas und Doris Wegener bieten dort hinter dem Verkaufsfenster ein großes Sortiment für die Nachbarschaft. Ob Fertiggerichte für die Junggesellen, Mehl, Zucker, Eier, frische Brötchen, Zigaretten, Alkohol oder Süßkram – bei Andi wird dir geholfen.

Die rotbraune Holzbude soll nach Angaben von Andreas Wegener bereits in den 1930er-Jahren aufgebaut worden sein. Aber auch etliche Jahre zuvor, ca. seit 1922, wurde schon in der Ecke Am Brink in einem großen Utspann an viele Kutscher aus dem Fenster heraus Proviant verkauft.

Seit mehr als 20 Jahren ist Andi jeden Tag pünktlich und öffnet den Kiosk ab 16.00 Uhr. Montags ist Ruhetag und am Sonntag geht es bereits vormittags los. Die Nachbarn und Stammkunden trudeln regelmäßig unter dem breiten Vordach ein. Ebenso wie damals „Bei Han“ wird auch hier beim Feierabendbier über alles Mögliche geredet. Diese Kultur wird hinter schützenden Planen und im Winter beim wärmenden Ofen traditionell hochgehalten.
 

Geht das Licht bei „Andis Welt“ in 2018 aus?

Dem 60-jährigen Andreas Wegner wurde der Pachtvertrag von der Eigentümerin gekündigt. Diese wird die alten Häuser an der besagten Ecke abreißen und neu bauen lassen.

Es wurde noch alles versucht und in einer kleinen Arbeitsgruppe für das Fördergebiet Bergedorf-Süd Vorschläge für die Neugestaltung des Platzes Am Brink mit der Integration von „Andis Welt“ herausgearbeitet. Leider lassen sich diese Pläne nicht so schnell und einfach umsetzen. Auch eine mögliche Alternative zum Verkauf in der Nähe wurde nicht gefunden.

Darum sieht Andi keine weitere Möglichkeit, als Mitte Mai mit seinem Kult-Kiosk in der rotbraunen Holzbude aufzuhören.
 
# Mehr Berichte zum Platz Am Brink (klick)
# Mehr über geschichtsträchtige Kultlokale in Bergedorf-Süd (klick)
 
Ich persönlich finde es sehr schade, dass die seit Generationen gültige Tradition mit dem Bergedorfer Klönschnack für die Nachbarschaft im Quartier Süd erneut um ein Stückchen wegbricht. Wie seht ihr das? Bin auf die Kommentare sehr gespannt.
 
Eure HEIDI VOM LANDE

 


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Written by HEIDI VOM LANDE, Bloggerin